Liebe Macchiato (German Edition) by Eva Nordmann

Autor:Eva Nordmann [Nordmann, Eva]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9781542045599
Herausgeber: Montlake Romance
veröffentlicht: 2017-05-08T22:00:00+00:00

KAPITEL 21

Er lächelt. Es gefällt mir, wenn ich ihn dazu bringe. Nicht, weil ich etwas Witziges gesagt habe, sondern einfach deshalb, weil ich da bin. Für ihn. Das merke ich. Er muss es mir nicht sagen.

Im vertrauten Schweigen schlendern wir nebeneinander den schmalen Kieselsteinpfad entlang und genießen die warmen Sonnenstrahlen, die durch den dichtgrünen Blätterhimmel den Weg zu uns finden.

Es ist der Vormittag eines gewöhnlichen Wochentags, und Tassilo hat sich ausnahmsweise von der Uni freigenommen, damit wir in Ruhe sprechen können, bevor Valentino aus dem Kindergarten abgeholt werden muss und einem mit seiner lebhaften Energie die Selbstbestimmung raubt. Ich habe heute Spätdienst, also den ganzen Vormittag Zeit für die wichtigsten Menschen in meinem Leben.

Es ist die erste Redepause, seitdem wir unterwegs sind. Ein Luftholen, um die schweren Gesprächsbrocken zu verdauen. Alternative Behandlungsmethoden. Lebensverlängernde Maßnahmen. Hospiz.

Erdrückende Themen für so einen schönen Frühsommertag, Themen, die einem jegliche Lebenslust zu rauben vermögen. Aber dieses Gespräch muss sein, denn Lorenzos Zustand ist nicht aufschiebbar.

»Ich weiß nicht, was werden soll, wenn er nicht mehr da ist.« Tassilo spricht ganz leise, und es kommt mir vor, als versuche er, den Worten ihren Schrecken zu nehmen, indem er sie nicht allzu laut ausspricht.

Ich bewundere ihn für seine gedankliche Klarheit. Mein Bewusstsein ist noch nicht so weit, das Unvermeidliche zu akzeptieren.

Dennoch sage ich: »Es wird weitergehen. Es wird immer irgendwie weitergehen.«

Bereits nach der letzten Silbe verfluche ich mich dafür, dass ich diesem Mann einen derart dämlichen Spruch um die Ohren haue, der ohne Weiteres einem Abreißkalender entstammen könnte.

»Ich weiß nicht, was ich Valentino sagen soll.«

»Er wird es verstehen. Irgendwann.« Ich sage es, weil ich das Gefühl habe, dass er das von mir erwartet. Doch allein die Vorstellung von Valentinos Reaktion, wenn er erfährt, dass sein Opa bald nicht mehr da sein wird, zerreißt mich innerlich.

Wir setzen uns auf eine blütenweiße Parkbank vor einem Teich, der so dicht mit Seerosenblättern bewachsen ist, dass man kaum mehr das Wasser sieht. Wir sitzen genau in der Mitte. Ich lehne meinen Kopf an seine Schulter und betrachte die einzelnen Luftbläschen, die zwischen den riesigen Tellern auftauchen und mit einem leisen Ploppen zerspringen. Wir waren schon oft in diesem Park, saßen ebenso oft auf dieser Bank. Meist mit Valentino, der stets einen riesigen Spaß daran hat, die weißen Kieselsteinchen so ins Wasser zu werfen, dass sie auf den Blättern liegenbleiben. Doch so erdrückend wie heute hat sich dieser Besuch noch nie angefühlt.

Tassilo hat mir von Lorenzos Patientenverfügung erzählt und wie sehr er seinen Vater für die Tapferkeit bewundert, mit der er sich seinem Schicksal stellt. Als wir schließlich alles bis ins kleinste Detail zerlegt und uns gegenseitig Hoffnung zugesprochen haben, sitzen wir stumm nebeneinander und versenken unsere Gedanken in den Teich, dessen Wasser man nicht sehen kann.

Eine Bank weiter sitzen zwei Männer im Rentenalter und scheinen die Mittagssonne zu genießen. Ich kann sehen, wie Tassilos Blick an den beiden hängen bleibt.

»Ich habe Alessandra angerufen.«

Der plötzlich aufklingende Name seiner Exverlobten stört mein inneres Gleichgewicht.

»So?«

Er weicht meinem Blick aus, fixiert wieder die Seerosenblätter.

»Vielleicht sollte ich Valentino für eine Weile zu ihr bringen.

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